RÜCKBLICK

KAT_A_6, 2020

ISA GENZKEN & WOLFGANG TILLMANS

Die sechste KAT_A-Ausstellung widmet sich zwei international vielfach ausgezeichneten deutschen Künstlern aus zwei Generationen: Isa Genzken (geboren 1948) und Wolfgang Tillmans (geboren 1968). Sie kennen einander gut, haben zusammengearbeitet und den jeweils anderen in eigenen Arbeiten dargestellt. So werden die Arbeiten ‘Isa Mona Lisa’ und ‘Isa vor Sound Factory’ von Tillmans gezeigt, die Isa Genzken portraitieren, während in der Skulptur ‘Untitled (Slot Machine)’ von Isa Genzken ein Portrait Tillmans’ integriert ist. Diese gegenseitige Bezugnahme und die Wertschätzung der beiden Künstler füreinander bildet in der Ausstellung einen Schwerpunkt. Zugleich werden die künstlerischen Gemeinsamkeiten sichtbar, denn beide Künstler arbeiten konzeptuell und systematisch.

Isa Genzken setzt sich mit künstlerischen, psychologischen und sozialpolitischen Themen auseinander, wobei ihr Umgang mit der Bildhauerei analytisch wie unkonventionell ist. So ist ihre Formensprache einerseits aus einer konstruktiven bildhauerischen Tradition verständlich und enthält andererseits deutliche Referenzen auf die soziale und gesellschaftliche Umwelt. In ihren Säulen erforscht Isa Genzken z.B. das Geheimnis von Innen und Außen, Oberfläche und Tiefe. Die Proportionen sind extrem: größer als der Durchschnittsmensch, aber grazil genug, um ein monumentales Erdrücken zu vermeiden. Das Verhältnis von Höhe und Breite lässt unweigerlich an Wolkenkratzer denken, wie sie für Genzken seit ihrem Aufenthalt in New York eine immer größere Rolle spielen. Unter Verwendung oftmals einfachster Materialien wirken ihre Arbeiten schrill und laut und stellen die (klassische) Bildhauerei infrage. Ihre Installationen und Skulpturen verweisen auf soziale und gesellschaftliche Widersprüche, menschliches Scheitern und Katastrophen – provokativ, zuweilen humorvoll und immer mit dem Ziel, sich auf ungesichertes Terrain zu wagen und normative Sehgewohnheiten zu (zer)stören. Mit ihrem Werk und ihrer kritischen Position nimmt sie eine führende Rolle im internationalen Diskurs zur Bildhauerei ein. 2007 gestaltete sie den Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig und 2013 widmete ihr das Museum of Modern Art eine umfassende Retrospektive. 2017 wurde ihr mit dem Goslaer Kaiserring schließlich einer der bedeutendsten Preise für moderne Kunst verliehen.

Bei Tillmans trifft die Fotografie als Medium der gesellschaftlichen Realität zunehmend in den Hintergrund. Waren es in seinen frühen, geradezu ikonischen Arbeiten Versammlungen und Treffen in Clubs, auf Partys sowie Portraits einzelner Personen, rückte später verstärkt die Spannung zwischen Kontrolle und Zufall, Intention und befreienden Unwägbarkeiten des fotografischen Mediums in den Fokus. Motivgruppen wie ‘Faltenwurf’, ‘Stillleben’, ‘Freischwimmer’, ‘Drops’ oder ‘Silver’ verweisen auf die Autonomie fotografischer Darstellung. Diese in der Ausstellung zum Teil nach Vorgabe des Künstlers gehängten Werkgruppen geben einen Überblick über sein Schaffen und spiegeln die darin konkurrierenden Themenschwerpunkte wider: die Interaktionen von Menschen in all ihren Facetten und die Erforschung der chemischen Grundlage der Fotografie. Für sein künstlerisches Werk wurde er vielfach international ausgezeichnet: Im Jahr 2000 gewann Tillmans als erster Künstler außerhalb Britanniens den Turner Preis. 2016 wurde ihm der Hasselblad Award verliehen und 2018 der Goslarer Kaiserring. Zudem verknüpft Tillmans seine künstlerische Arbeit mit politischem Engagement. Im Jahre 2016 engagierte er sich in seiner zweiten Heimat Großbritannien mit einer groß angelegten Anti Brexit-Kampagne und zur Bundestagswahl 2017 entwickelte er Plakate für eine höhere Wahlbeteiligung und gegen Rechtsnationalismus. Zudem hat er das soziale Projekt ‘Between Bridges’ ins Leben gerufen, mit dem er in Not geratenen Künstlern hilft.